Q: Peter Former. Aus: Bein, Zeitzeichen, S. 203. Abtragung der Braunschweiger Synagoge nach der Sprengung am 10. November 1938,
Q. Peter Former

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Zerstörung der Synagoge

Pogromnacht 1938

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Gebäude der Synagoge nach jahrzehntelanger Nutzung in einen Trümmerhaufen verwandelt: Wie viele andere jüdische Gebäude, z.B. zahlreiche Kaufhäuser, aber auch Privatwohnungen, fiel das Gotteshaus in der zynisch so bezeichneten Reichskristallnacht dem nationalsozialistischen Fanatismus zum Opfer.

Als Vorwand für das reichsweite Pogrom diente der nationalsozialistischen Führung das Attentat des 17-jährigen polnischen Juden Herschel Grynszpan auf den Legationssekretär von Rath in der deutschen Botschaft in Paris. Grynszpans Eltern waren mit anderen polnischstämmigen Juden an die deutsch-polnische Grenze deportiert worden, der Sohn wollte mit dem Anschlag das Schicksal seiner Eltern rächen.

Die nach diesem Attentat beginnenden Ausschreitungen gegen Juden im Deutschen Reich, die man von Seiten der Regierung und in der Presse als 'spontanen Volkszorn' darzustellen versuchte, waren von den Nationalsozialisten zuvor geplant worden. Die Gestapo-Zentrale Berlin sandte unter anderem auch an Braunschweigs Geheimpolizei folgendes Schreiben:
"Es werden in kürzester Frist in ganz Deutschland Aktionen gegen Juden insbesondere gegen deren Synagogen stattfinden... Es ist vorzubereiten die Festnahme von etwa 20.000 bis 30.000 Juden im Reich."(1)

In Braunschweig hatten sich die Nationalsozialisten am 9. November 1938 ohnehin bereits versammelt, um des 1923 initiierten Hitlerputsches an der Weihestätte Nußberg zu gedenken. Schnell erhitzten sich die Gemüter, und eine Horde aus SS, SA und Mitläufern aus der Bevölkerung erstürmte die Innenstadt und hinterließ Verwüstung, hohe Sach-und vor allem auch Personenschäden.

Der Angriff auf die Braunschweiger Synagoge in der Nacht des Novemberpogroms gleicht den Anschlägen auf unzählige andere jüdische Glaubenshäuser. Sie wurden derartig verwüstet, dass sie bis auf weiteres nicht mehr genutzt werden konnten. In der Alten Knochenhauerstraße wurde die Inneneinrichtung zerstört; den wenigen Zeugenaussagen zufolge wurden sogar die Thorarollen und das Gestühl auf dem nahegelegenen Eiermarkt verbrannt. Weiterhin wurde eine marmorne Erinnerungstafel zerschmettert, die paradoxerweise der im Ersten Weltkrieg für das Deutsche Reich gefallenen Braunschweiger Juden gedachte. Die Zerstörungswut hätte wohl keine Grenzen gefunden, wenn sich nicht die anwohnende Bevölkerung zu sehr um ihre Fachwerkhäuser gesorgt hätte. Ein Teil der Synagoge wurde gesprengt. S
päter berichtete man, dass der Pulk aufgebrachter Nazis die übriggebliebenen Trümmer sogar in Brand setzen wollte, wie es auch in anderen Städten wie Bamberg, Seesen oder Wolfenbüttel der Fall war. Dies geschah in Braunschweig schließlich jedoch nicht. Die Überreste der Synagoge wurden 1940 abgetragen, an ihrer Stelle ein Luftschutzbunker errichtet.

In der Folge des Novemberpogroms wurden im Land Braunschweig 149 Juden, in der Stadt Braunschweig 71 verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt. Erst im Dezember 1938 wurden sie unter der Auflage, umgehend zu emigrieren, freigelassen. In einem Bericht des Innenministeriums an Ministerpräsident Klagges vom 15. Dezember 1938 heißt es:

"Anlässlich der Judenaktion vom 9. und 10. November d.Js. sind von der Staatspolizeistelle Braunschweig 149 Juden festgenommen, die fast sämtlich einem Konzentrationslager zugeführt worden sind. Gestorben bzw. zur Entlassung gekommen sind 106 Juden, so dass z. Zt. sich noch 43 Juden im Konzentrationslager befinden; (...) Von den anlässlich der Judenaktion festgenommenen Juden beabsichtigen 29 Juden auszuwandern (...). Ich habe wiederholt feststellen können, dass der Wille zur Geschäftsaufgabe oder auch zur Auswanderung bei den hiesigen Juden verhältnismäßig groß ist." (Staatsarchiv Wolfenbüttel 12 A Neu 13, Nr. 16059).

 

Quelle:
Kuessner
, Dietrich: Die Pogromnacht im Braunschweiger Land, in: "Kristallnacht" und Antisemitismus im Braunschweiger Land, Offleben 1988, S.16.