Q: Privatbesitz. Aus: Schultz, Akademie für Jugendführung, Abb. 4, S. 271.

Weitere Orte zum Thema Erziehung und Bildung in Braunschweig


 

Akademie für Jugendführung

Funktion und Nutzung

Im August 1939 nahm die "Akademie für Jugendführung" in Braunschweig nach mehrjähriger Planungs- und Bauzeit ihren Ausbildungsbetrieb mit einem ersten Lehrgang für 100 HJ-Führer auf. Aufgrund des Kriegsbeginns im September 1939 wurde sie jedoch nie im geplanten Sinn zur umfassenden Ausbildung von Jugendführern genutzt - die Teilnehmer des ersten Lehrgangs wurden fast alle zum Kriegsdienst eingezogen, das Ausbildungsprogramm musste daher wenige Wochen nach Eröffnung bereits gestoppt werden. Zunächst ruhte der Lehrgangsbetrieb völlig; von Januar 1940 bis Anfang 1942 wurden in der Akademie Führerinnen des BDM-Werkes "Glaube und Schönheit" ausgebildet; von Januar bis August 1942 diente die Schule als Lazarett, und ab November 1942 bis April 1945 bildete sie kriegsversehrte Soldaten und ehemalige Offiziere zu hauptamtlichen HJ-Führungskräften aus.

Die Rolle der HJ als "Staatsjugend"

Auf der Basis des "Gesetzes über die Hitler-Jugend" vom Dezember 1936, das die Zusammenfassung der "gesamten deutschen Jugend" in der HJ als einer dritten Erziehungsinstanz neben Familie und Schule vorsah und der HJ die Aufgabe zuwies, alle deutschen Jugendlichen "körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen" (zit. nach Arno Klönne: Jugend im Dritten Reich. München 1990, S. 28) wurde die Mitgliedschaft in der HJ zunehmend zur Pflicht (Durchführungsverordnung). Andere, z.B. kirchliche oder bündische Jugendverbände wurden aus- oder gleichgeschaltet. Seit 1939 wurde Erziehungsberechtigten bei Nicht-Anmeldung ihrer Kinder Strafe angedroht. Der ständige Zuwachs an Mitgliedern und die Bedeutung der HJ für die Machtstabilisierung des Regimes machten die Konzeption eines verbindlichen Ausbildungsganges für Hitlerjugendführer nötig. Ein straff organisierter und zentralisierter HJ-Führungsapparat sollte entstehen, um - wie in vielen anderen gesellschaftlichen Feldern des NS-Staates - die Bereiche von Staat und Partei zu verschmelzen und die Jugendarbeit bzw. Erziehung jeder parteiunabhängigen Kontrolle zu entziehen.

Das Idee der Akademie für Jugendführung

Die Idee einer elitären Akademie, die die Ausbildung zu verschiedensten Führungspositionen, wie die des Bann-, Gebiets- und Reichsjugendführers, übernehmen sollte, war ein Ausbildungskonzept, welches der HJ-Funktionär Hartmann Lauterbacher von einem Besuch im faschistischen Italien mitbrachte. Aufgabe der Ausbildungsstätte sollte es sein, dem künftigen Jugendführer Methoden und Mittel bereitzustellen, die das Führen erleichtern und ihm die Überlegenheit gegenüber den zu Führenden sichern sollten.

Grundziel dieser NS-Institution ebenso wie anderer Neugründungen und Neubauten in Braunschweig in den Jahren 1930 bis 1945 war die Aufwertung Braunschweigs zu einer nationalsozialistischen "Musterstadt". Ministerpräsident Klagges verfolgte damit das Ziel, Braunschweig zur Gauhauptstadt
zu machen. Oberbürgermeister Dr. Hesse unterstrich dieses Ansinnen bei der Grundsteinlegung 1936 mit den Worten: "Braunschweig nimmt die Verpflichtung auf sich, daß wir im Geiste Adolf Hitlers weiter arbeiten werden und daß Braunschweig eine Heimstätte der deutschen Jugend und damit deutscher Kraft sein wird."


Quellen:
Bein, Reinhard: Zeitzeugen aus Stein. Bd.1, Braunschweig 1930-1945. Stadterkundungen. Braunschweig 1996f., S. 90ff.
Bein, Reinhard: Zeitzeichen. Stadt und Land Braunschweig 1930-1945. Braunschweig 2000, S. 93 u. 120
Bültemann, Manfred: Architektur für das Dritte Reich. Die Akademie für Deutsche Jugendführung in Braunschweig. Berlin 1986.
Schultz, Jürgen: Die Akademie für Jugendführung der Hitlerjugend in Braunschweig. Braunschweig 1978.
Vögel, Bernhild: ...und in Braunschweig? Materialien und Tips zur Stadterkundung 1930-1945, hrsg. vom Jugendring Braunschweig. 2., aktual. Aufl. Braunschweig 1996, S. 121ff.