Landtaggebäude 2001-1933
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Landtag
Landtag
Überblick
Wo sich heute das "Empfangsgebäude"
des Amtsgerichts mit eindrucksvoller Freitreppe und viersäuligem
Portikus befindet, stand einst ein Bau, der wie kein anderer in Braunschweig
die Braunschweigische Geschichte symbolisch widerspiegelt: Das sog.
Landschaftliche Haus, Sitz der Ständevertretung und des späteren
Landtages. Das Landtagsgebäude wurde 1794 erbaut, 1944 völlig
zerstört, war bis 1993 eine Ruine und wurde dann teilweise rekonstruiert.
Die Mehrheitsverhältnisse im Landtag
spielten bei der Machtübernahme der NSDAP in Braunschweig eine
entscheidende Rolle. Nach einem knappen Ergebnis bei der Wahl am 14.
September 1930 - KPD: 2, SPD: 17, Dt. Staatspartei: 1, Bürgerliche
Einheitsliste: 11, NSDAP: 9 Mandate - ging die Bürgerliche Einheitsliste
(die mit dem erklärten Ziel angetreten war, eine erneute sozialdemokratische
Regierung zu verhindern) unter Dr.
Werner Küchenthal ein Bündnis
mit den Nationalsozialisten ein. Ein Nationalsozialist - Dr.
Anton Franzen - wurde Innen- und Volksbildungsminister. Letztlich
leitete diese Wahl und die folgenreiche Entscheidung der bürgerlichen
Parteien zur Koalition mit der NSDAP das Ende der parlamentarischen
Macht ein, denn in der Sicht der Nationalsozialisten lag der einzige
Sinn der Mitwirkung in Parlamenten darin, deren Entscheidungsfähigkeit
zu blockieren. In Braunschweig verlagerte sich die Machtausübung
auf die Staatsregierung
am Bohlweg, wo
der überzeugte Nationalsozialist Dietrich
Klagges, ab 1931
Nachfolger Franzens im Amt des Innen- und Volksbildungsministers und
seit 1933 Braunschweigischer Ministerpräsident, gemeinsam mit seinem
bürgerlichen Koalitionspartner die Sitzungen des Landtags zu einer
ohnmächtigen oder manipulierten Schauveranstaltung degradierte
und das Land Braunschweig schrittweise zu einem Zentrum nationalsozialistischer
Gewaltherrschaft machte. Mit der insbesondere von Klagges betriebenen
Einbürgerung Hitlers am
25.2.1932, der reichsweiten Machtübertragung an die NSDAP am 30.1.1933
und Hitlers Ernennung zum Reichskanzler waren schließlich die
endgültigen Voraussetzungen für die restlose Zerstörung
der Demokratie gegeben. Nach dem Reichtagsbrand (27.2.1933) erließ
Innenminister Klagges am 1.3.1933 eine besonders harsche Durchführungsverordnung
zur Verordnung des Reichspräsidenten "Zum Schutz von Volk und Staat",
die fortan alle oppositionellen Aktivitäten, Versammlungen und
Organisationen verbot, und rief als Instrument der Machtausübung
die Hilfspolizei ins Leben.
Bei der am 5. März 1933 stattfindenden Wahl erhielten KPD und SPD
trotz massiven Terrors von Seiten der Nationalsozialisten zwar noch
39,3% der Stimmen, das Ergebnis dieser Wahl war jedoch schon bedeutungslos.
An der Landtagssitzung, die am 14. März stattfand, konnte die politische
Linke wegen der Terrorakte bereits nicht mehr teilnehmen. Am 29.4.1933
wurde mit 33 Abgeordneten in Braunschweig der erste "rein
nationalsozialistische" Landtag ausgerufen. Die DVP und die
DNVP lösten sich auf, die noch verbliebenen nicht-nationalsozialistischen
Abgeordneten schlossen sich der NSDAP an. Nach der Ausweitung der Macht
der NSDAP im gesamten Reich wurde der Landtag schon ab Mai 1933 in seiner
ursprünglichen Funktion nicht mehr gebraucht. Das "Gleichschaltungsgesetz"
vom 31.3.1933 hatte die Länderparlamente bedeutungslos gemacht.
In ihm wurde die Zentrale eines SS-Abschnittes eingerichtet, die zuvor
ihren Sitz in der Villa Löbbecke
gehabt hatte.
Quellen:
Roloff, Ernst-August: Bürgertum und Nationalsozialismus.
Braunschweig Reprint 1980 (Orig. 1961).
Roloff, Ernst-August: Der Braunschweigische Landtag (erscheint
demnächst in: Vernetztes Gedächtnis (Stadtführer). Braunschweig
2002).
Ludewig, Hans-Ulrich: Das Land Braunschweig im Dritten Reich
(1933-1945), in: Die Braunschweigische Landesgeschichte. Hrsg. von Horst-Rüdiger
Jarck u. Gerhard Schildt. Braunschweig 2000, S. 981-1024.
Rother, Bernd: Der Freistaat Braunschweig und die Weimarer
Republik (1919-1933), in: Die Braunschweigische Landesgeschichte. Hrsg.
von Horst-Rüdiger Jarck u. Gerhard Schildt. Braunschweig 2000,
S. 945-980.
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