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Rathaus 2002 und um 1900

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Rathaus

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Überblick

Seit 1931 bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten auf Reichsebene am 30. Januar 1933 regierte im Braunschweiger Rathaus - anders als im Braunschweiger Landtag, wo die Nationalsozialisten seit 1930 an der Regierung beteiligt waren - eine Koalition aus SPD und KPD. Die Zusammenarbeit der beiden Parteien war zu diesem Zeitpunkt angesichts der ansonsten erbittert geführten Kontroversen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten einzigartig im Deutschen Reich.

Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig war seit 1929 der Sozialdemokrat Ernst Böhme. Am 13. März 1933 wurde Böhme durch Verfügung des braunschweigischen Innenministers Dietrich Klagges seines Amtes enthoben und noch im Rathaus verhaftet. Bei den Stadtverordnetenwahlen vom 5. März 1933 hatten die NSDAP und die bürgerlichen Parteien eine Dreistimmenmehrheit erreicht. Nach der Gleichschaltung am 13. April 1933 trat am 4. Mai 1933 eine rein nationalsozialistisch zusammengesetzte Stadtverordnetenversammlung mit 35 Abgeordneten zusammen.

Zu Böhmes Nachfolger wählten die Abgeordneten am 18. Oktober 1933 den Studienrat Dr. Wilhelm Hesse, Kreisleiter der NSDAP des Kreises Braunschweig-Stadt und seit dem 8. April 1933 Staatsbeauftragter beim Rat der Stadt, zuständig für die "Säuberung" der Stadtverwaltung von Demokraten durch Entlassungen und Zwangspensionierungen. (Bilder von der Amtseinführung Wilhelm Hesses als Oberbürgermeister). Ab 1935 galt auch in den Kommunen das nationalsozialistische "Führerprinzip", wonach der Rat als kollegial beschließende Körperschaft aufgelöst und durch den selbstverantwortlichen Oberbürgermeister ersetzt wurde.

Seit dem 1. April 1943 stand Hesse als Freiwilliger an der Front und geriet bei Kriegsende in russische Gefangenschaft. Im Rathaus vertrat ihn Bürgermeister Dr. Hans-Joachim Mertens. Einen Tag vor dem Einmarsch der Amerikaner widersetzte sich Mertens der Absicht des NS-Kreisleiters Berthold Heilig, die Versorgungseinrichtungen der Stadt zu zerstören, und beging am 11. April 1945 im Rathaus Selbstmord.

Nach Kriegsende setzte die amerikanische Besatzungsmacht Ernst Böhme am 1. Juni 1945 wieder als Oberbürgermeister ein.

Quellen:
Verwaltungsberichte der Stadt Braunschweig
1926-1940. Braunschweig 1933-1942
Eschebach, Erika: Die bildende Kunst in der Stadt Braunschweig - Aspekte städtischer Kulturpolitik im Nationalsozialismus, in: Deutsche Kunst 1933-1945 in Braunschweig - Kunst im Nationalsozialismus. Hildesheim/Zürich/New York 2000, S. 66-74.
Lemke-Kokkelink, Monika: Ludwig Winter (1843-1930). Stadbaurat und Architekt des Historismus in Braunschweig. Braunschweig 1993 (= Braunschweiger Werkstücke, Bd. 86).