"Schützenplatz"

Q: Jan Dziewanowski. Aus: Liedke, Gesichter der Zwangsarbeit , S. 96.
Polnische Kinder als Zwangsarbeiter
im Lager Schützenplatz, Oktober.
Links: Wladyslaw Stepien. Rechts: Jan Dziewanowski.

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Polnische Einzelschicksale

Durch die von der nationalsozialistischen Regierung forcierte Aufrüstung kam es Ende der Dreißiger Jahre zu einem Arbeitskräftemangel. Das Deutsche Reich bemühte sich daher um Verhandlungen mit Polen über den Einsatz von polnischen Arbeitern. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Polen griff die polnische Regierung diese Initiative zunächst bereitwillig auf. Als es im Frühjahr 1939 jedoch zu Spannungen zwischen Deutschland und Polen kam, untersagte die polnische Regierung jegliche Arbeitseinsätze im Deutschen Reich. Abhilfe suchte die deutsche Führung nun in der Anwerbung von Arbeitern aus Italien, Jugoslawien, der Tschechoslowakei und aus Ungarn.
Mit Ausbruch des Krieges verschärfte sich der Arbeitskräftemangel durch die Einberufung von Arbeitern zum Militär. In der Folge veränderten sich auch die Methoden der Beschaffung von Arbeitskräften.

Kurz nach Kriegsausbruch begann bereits der Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen. Hinzu kamen die Rekrutierung von Arbeitern durch die Arbeitsämter, die direkte Anwerbung durch Arbeitgeber, Razzien und Aussiedlungen. Es wurden von der deutschen Seite Kontingente festgelegt, die die einzelnen polnischen Gemeinden zu erfüllen hatten. Ziel dieser Maßnahme war es, den Gemeindevorstehern die Zuständigkeit für die Auswahl der Rekrutierten und die Erfüllung der Kontingente aufzubürden und sie somit zugleich zu Mitverantwortlichen zu machen. Als dieses Vorgehen keine großen Erfolge erbrachte, drohte man mit der Zwangsrekrutierung bei Nichterfüllung der Kontingente. Solche Razzien wurden von der SS und der Polizei bis zum Ende des Krieges oft mit großer Brutalität durchgeführt. So wurden die Menschen zum Beispiel aus ihren Wohnungen entführt, oder die Polizei wartete bereits vor der Kirche, wenn die Messe zu Ende war. Eine weitere recht "erfolgreiche" Maßnahme war die Aussiedlung großer Bevölkerungsteile. Ihre Bauernhöfe, Ländereien usw. wurden beschlagnahmt, um sie an volksdeutsche Umsiedler zu verteilen. In den "eingegliederten Ostgebieten" begannen diese Aktionen bereits 1939 und wurden bis 1944 mit wechselnder Intensität fortgeführt. Nach dem Ausbruch des Warschauer Aufstandes vom August 1944 wurden große Teile der Zivilbevölkerung in das Reich deportiert. So kamen etwa 700 Frauen und Kinder und einige junge Männer nach Braunschweig. Als weitere Maßnahme ist der Einsatz von KZ-Häftlingen zu nennen, der seit 1941 nicht nur in den SS-Firmen, sondern auch in privaten Firmen stattfand. Auf diese Weise wurde z.B. der zunehmende Arbeiterbedarf der Braunschweiger Firma Büssing-Automobilwerke durch KZ-Häftlinge gedeckt.

 

 

Die Dokumentation der folgenden Einzelschicksale von polnischen Arbeitern steht exemplarisch für das Schicksal vieler Zwangsarbeiter im Industrielager Schützenplatz. Sie basiert auf den Forschungen von Karl Liedke, der sich besonders den Geschichten der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aus Polen gewidmet hat. Zu Arbeitern anderer Nationalitäten liegen bisher keine vergleichbaren Untersuchungen vor.

Bericht von Jan Dziewanowski, geb. 1931 in Warschau. Er wurde 1944 während des Warschauer Aufstandes nach Deutschland deportiert.

Bericht von Krystyna D., geb. 1925 in Kalisz. Sie kam 1940 nach Deutschland.