Q: Martin Forstenzer. Aus: Bein, Zeitzeichen, S. 183. Zerstörte Schaufenster

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Kaufhaus Adolf Frank

"Warenhaussturm" in Braunschweig am 11. März 1933

"Sonnabend 17.00 Uhr veranstaltete die SA-Kapelle auf dem Kohlmarkt ein Platzkonzert, bei dem sich wie üblich, eine große Menschenmenge ansammelte. Plötzlich strömte ein großer Teil dieser Menge, darunter auch Frauen, nach der Schuhstraße ab, in der die großen Warenhäuser Adolf Frank und Karstadt und das Kaufhaus Witting liegen. Unter wildem Hallo wurden zunächst bei Frank die großen Spiegelscheiben bis auf eine mit mitgebrachten Steinen, vielfach in Papier gewickelten Ziegelsteinen, eingeschlagen(...)Es wurden übrigens nicht nur Steine geschleudert - es wurde auch geschossen(...)
Dann ging es mit Johlen, Schreien und Schießen weiter zu dem großen Karstadt-Hause, das gerade gegenüber liegt(...)Dass es sich um eine vorbereitete Aktion handelt, ergibt sich aus der Tatsache, dass unmittelbar vor dem Angriff zwei Männer bei Karstadt eintraten, von denen einer eine Lederjacke trug, und dem zunächst erreichbaren Abteilungsleiter zurief, er solle dafür sorgen, dass das Publikum aus dem Hause komme und das nichts gemaust werde. Fast unmittelbar darauf flogen auch schon die Steine und klirrend brachen die Scheiben(...) Die beiden Kaufhäuser waren zu dieser Zeit mit Käufern überfüllt, und es ist natürlich, dass die Menge panikartig nach den Ausgängen drängte, die als Notausgänge vorgesehen sind. Der Umsicht des leitenden Personals ist es zu danken, dass die Häuser sich ohne Zwischenfall entleeren konnten(...) Das Überfallkommando, das nicht nur aus den beiden Kaufhäusern, sondern auch von geängstigten Anwohnern aus der Nachbarschaft angerufen worden war, kam, - aber da war schon alles vorüber, denn die ganze Aktion hatte sich in kurzer Zeit abgespielt. Einige Käufer, die in dem Augenblick, in dem die Menge heranströmte, aus dem Kaufhaus Frank kamen, sollen misshandelt worden sein. Soweit die Teilnehmer an dem Sturm es nicht geraten fanden, sich aus dem Staube zu machen, strömten sie zum Kohlmarkt zurück, wo das Konzert inzwischen fortgeführt worden war. Inzwischen waren die Landtagsabgeordneten Alpers und Schmalz auf dem Kohlmarkt eingetroffen, die zur Ruhe und Ordnung aufforderten, und mit klingendem Spiel zog die Menge durch den Hutfiltern über den Damm, den Bohlweg, Steinweg und die Friesenstraße nach dem Volksfreundgebäude. Bei dem Zuge durch den Hutfiltern wurden dann auch bei dem Kaufhaus Hamburger u. Littauer sechs große Schaufensterscheiben eingeworfen. Die Ermittlungen darüber, wer die Teilnehmer an diesem Warenhaussturm waren, sind noch im Gange."(...)

(Wolfenbüttler Zeitung, 13.3.1933; Reproduktion des gesamten Artikels in: Reinhard Bein, Juden in Braunschweig, Braunschweig, 1988, S. 52.)

Dieser Artikel stellt die Aktion sowohl als Ausdruck des "Volkszorns" wie auch als vorbereitete Aktion dar. Auch wenn davon auszugehen ist, dass der erste Aspekt übertrieben dargestellt ist, stellt sich doch die Frage nach der Rolle der Passanten. War eine solche Aktion ohne Duldung bzw. Billigung eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung möglich?

Als sich in der Nachkriegszeit der Blick auf Einzeltäter richtete, wurden solche Fragen nicht mehr gestellt. (...)