Die Hintergünde der Altstadtsanierung lagen
in der nationalsozialistischen Volksgemeinschafts- und Rassenideologie.
Als vordergründiges Ziel der Instandsetzungsmaßnahmen ließ
sich erstens die Verbesserung der tatsächlich schlechten Wohn- und
Lebensverhältnisse heranziehen. In den nur noch als Wohnhöhlen
zu bezeichnenden dunklen und kleinen Behausungen traten gehäuft Krankheiten
wie Tuberkulose sowie Ungezieferplagen auf. Zweitens steigere die Modernisierung
den Wert der Altstadt, auf dass deren Aufbesserung der Repräsentation
und der Nutzung als Geschäftszentrum zu Gute käme. Die Entkernung
aus Gründen der Luftschutzes und der Feuersicherung im Kriegsfall
wurde drittens als Argument angegeben. Unter dem Deckmantel der Verbesserung
von Wohnqualität und Hygiene blieben aber die entscheidenden Hintergründe
der Altstadtsanierung verborgen: Auf ökonomischer Ebene benutzen
die Nazis sie als Mittel zur Arbeits- und Auftragsbeschaffung. Zudem wurden
98,1% der Sanierungskosten durch öffentliche Gelder getilgt. Die
Wertsteigerung für die Eigentümer passte gut in die auf den
Mittelstand gezielte Konjunkturpolitik der Nazis. Das eigentliche Ziel
war die Festigung der politischen Macht, wohnten doch die KPD-Wähler
hauptsächlich in der Altstadt. Diese politische und kulturelle
Gefahr (Flesche, s. u.) sei unbedingt zu beseitigen. Die Bevölkerung
der innerstädtischen Arbeiterviertel sollte teils durch Belohnungsversprechen,
teils gewaltsam aufgespalten und unter Kontrolle der NSDAP in Kleinsiedlungen
neu zusammengefasst werden. So diene die Altstadtsanierung als Mittel
zur Gesundung der Volksgemeinschaft, also um alle rassefremden,
schädlichen Einflüsse zu vernichten und somit Rassenhygiene
herzustellen. Insgesamt sollten Gesundheits- und Wohnungsbaumaßnahmen
dazu beitragen, die Deutschen rassisch aufzuwerten.
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