Q: Roman Swider. Aus. Liedke, Gesichter der Zwangsarbeit, S. 45.
Polnische Arbeiter bei der Firma
Büssing-NIEMO, Braunschweig 1941.
 


Polnische Zwangsarbeiter

Die ersten Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkrieges nach Braunschweig kamen, waren Polen. Bis Oktober 1944 stieg die Zahl der polnischen Arbeiter im Arbeitsamtsbezirk Braunschweig auf ca. 11.000 Personen, d.h. die polnischen Arbeiter stellten etwa 30% der ausländischen Arbeiter in diesem Bezirk. Sie waren damit die zweitstärkste Nationalgruppe nach den "Ostarbeitern" (39,3 %), d.h. den Arbeitern sowjetischer Herkunft.

Im Zuge seiner Recherchen für das Buch "Gesichter der Zwangsarbeit. Polen in Braunschweig 1939-1945" hat Karl Liedke Kontakt mit noch lebenden ehemaligen Zwangsarbeitern in Polen aufgenommen. Etwa 490 Arbeiter und Arbeiterinnen stellten sich seinen Fragebögen und trugen mit ihren oft schmerzlichen Erinnerungen dazu bei, dass ein Einblick in die Situation der Zwangsarbeiter in der Stadt, im Lager und bei der Arbeit möglich wurde. Die hier dargestellten Zahlen beziehen sich auf diese 490 Personen.

Zahlen können aber nur eine Annäherung an die historische Situation, insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung ausländischer Arbeiter für den Erhalt der Produktion im Deutschen Reich, bieten. Über die Lebensbedingungen im Lager, das Leiden der Betroffenen und den Umgang der deutschen Bevölkerung mit den Zwangsarbeitern sagen Zahlen wenig. Hierzu müssen darüber hinaus die Erinnerungen der Menschen und die Einzelschicksale genauer betrachtet werden.

 

Die Interviewten waren während ihrer Zeit in Braunschweig wie folgt beschäftigt:

Frauen Männer Zusammen
Konservenindustrie (30 Fabriken) 132 17 149
Fahrzeug- und Motorenbau (Fa. Büssing) 43 32 75
Metallindustrie (19 Fabriken) 51 12 63
Textilindustrie (Jutespinnerei) 18 1 19
Baugewerbe, Ziegeleien (18 Firmen) 8 50 58
Kommunalwirtschaft, Handwerk, Handel, Hausdienst, Deutsche Reichsbahn 23 33 56
Landwirtschaft, Zuckerfabriken 30 40 70
Zusammen 305 185 490


Die befragten polnischen Zwangsarbeiter wurden auf folgende Weise rekrutiert:

Art der Verpflichtung Woher
"Eingegliederte Ostgebiete" Generalgouvernement Zusammen %
zusammen darin Ostpolen
Kriegsgefangene 7 - - 7 1>
Arbeitsbefehl bzw.Vermittlung des Arbeitsamtes, Direkte Anwerbung einer Firma 100 28 1 128 26
Kontingentiert auf dem Lande 22 25 4 47 10
Verhaftet während einer Razzia 87 64 1 151 31
Ausgesiedelt oder mit einer Fabrik evakuiert 20 18 - 38 8
Deportiert aus Warschau 1944 - 104 - 104 21
Keine Angaben 6 9 - 15 3
Zusammen 242 248 6 490 100

Zeitpunkt der Ankunft der Interviewten in Braunschweig

Jahr Frauen Männer Zusammen
1939/40 75 90 165
1941> 80 21 101
1942 58 25 83
1943 14 10 24
1944 78 39 117
Zusammen 305 185 490

Alter und Geschlecht zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme:

Alter Frauen Männer Zusammen %
Bis 16 87 37 124 26
17 - 25 148 113 261 53
26 - 35 40 25 65 13
36 - 45 27 7 34 7
über 45 3 3 6 1
Zusammen 305 185 490 100


Quelle:
Liedke, Karl: Gesichter der Zwangsarbeit. Polen in Braunschweig 1939-1945. Braunschweig 2. Aufl. 1997.