"Im Frühjahr 1936 wurde in Berlin beim
Reichsgesundheitsamt
die "Rassenhygienische und Bevölkerungsbiologische Forschungsstelle"
ins Leben gerufen, die fortan den rassenideologischen Unterbau für
die nun verstärkt einsetzende Ausgrenzung und Verfolgung der Sinti
und Roma lieferte.
Der Leiter dieser Rassenhygenischen
Forschungsstelle, Robert Ritter, hatte
seit geraumer Zeit mit obskuren Theorien über Asozialität
und Minderwertigkeit von Zigeunermischlingen
auf sich aufmerksam gemacht. Er sah eine besondere Gefahr für die
Deutschen in den Zigeunermischlingen,
die sich vornehmlich aus der Verbindung von Sinti mit angeblich asozialen
und
kriminellen Nicht-Sinti ergäben.
Über 90% der deutschen und österreichischen Sinti und Roma zählte
Ritter, der durch Protektion von Innenministerium und Polizei zum staatlich
geförderten "Zigeunerexperten" aufstieg, zu dieser
Mischlingspopulation. Um deren Anwachsen
zu vermeiden,forderte er, die weitere Vermischung von Sinti und Nicht-Sinti
zu unterbinden und die bestehende
Mischlingspopulation durch Sterilisation
zu dezimieren und letztendlich zum Verschwinden zu bringen.
Wie durch man mit den Sinti und Roma in Deutschland zu verfahren hätte,
sollte nach deren jeweiliger Zugehörigkeit zur Gruppe der Mischlinge
oder aber der verbleibenden Gruppe der "stammechten" Sinti und
Roma getrennt werden. Zunehmend wurde nun die weitere polizeiliche und
behördliche Vorgehensweise gegen die Sinti und Roma mit dieser Forschungsstelle
abgestimmt und durch eine Symbiose von Rassenforschung und polizeilicher
Gewalt besimmt.
Die Folge dieser Symbiose war die vollständige Erfassung der Sinti
und Roma durch die Polizei, die Weitergabe der Daten an die Rassenhygienische
Forschungsstelle und sodann die rassische
Einteilung in verschiedene Mischungsgrade, die die jeweilige Behanlungsweise
bestimmten.(...)
Die vorher nur unregelmäßig vorgenommene "rassische Begutachtung"
durch die Rassenhygienische Forschungsstelle
wurde nun systematisch verfolgt. Ihr hatten sich alle Sinti und Roma in
Deutschland und Österreich per Erlass zu unterziehen. In Hannover
fanden diese "rassenbiologischen" Untersuchungen in Anwesenheit
der zuständigen Kriminalbeamten Harms und Schröder im Polizeipräsidium
in der Hardenbergstraße statt. In anderen Städten kamen die
Mitarbeiter der Forschungsstelle
auf die Standplätze, wo die Sinti festgesetzt worden waren, und nahmen
dort die Befragungen in Polizeibegleitung vor, so z.B. auf dem Standplatz
in Braunschweig-Veltenhof."
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