Das Studienprojekt "Vernetztes Gedächtnis"
Technologischer Fortschritt und wirtschaftlicher
Strukturwandel erfordern immer ein fächerübergreifendes Um-,
Weiter- und Neulernen - ein Leben lang lernen; eigenmotiviertes und
selbstgesteuertes Handeln, Kommunikation und Teamarbeit, sowie kritische
Reflexion und Kreativität im rezeptiven und produktiven Umgang
mit den neuen Medien werden zunehmend bedeutsamere Kompetenzen.
Der Bildungsbereich ist durch diesen Wandel zugleich betroffen und gefordert.
Es ändern sich nicht nur die inhaltlichen und strukturellen Anforderungen
an die Aus- und Weiterbildung, vielmehr bieten die neuen Medien auch
neue Möglichkeiten für die Aufbereitung des Wissens, seiner
Präsentation sowie der Gestaltung der Vermittlungsprozesse in der
Lehre. Selbstlernen und betreutes Lernen werden mit Hilfe der neuen
Medien eine tiefgreifende Umgestaltung erfahren. Die digitale Aufbereitung
von Wissen gewinnt an Bedeutung und neue Formen von Wissensvermittlungsprozessen
bilden sich heraus . Bildung wird geradezu zu einem Kristallisationspunkt
für die Forderung, innovative Lehr-Lernkonzepte für die Gestaltung
der Wissensgesellschaft im 3. Jahrtausend zu entwickeln.
Die Rolle des Fachs
Kunst in der medienpädagogischen
Erziehung
Die Forderung nach der Verantwortung des Fachs Kunst, Position in der
Verortung medienpädagogischer Erziehung zu beziehen, begründet
sich aus der besonderen Bedeutung des Bildes in den digitalen Kommunikationsmedien.
Als Regulativ zu der bisher dominierenden Auslotung technischer Möglichkeiten
des Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, wird
den Künsten eine besondere Bedeutung im Kontext der kulturellen
Bildung beigemessen. Dem Fach Kunst, das sich explizit mit der Herstellung
und Wirkung von Bildern befasst und in dessen Zuständigkeitsbereich
ebenfalls die Auseinandersetzung mit den Bildern des 21. Jahrhunderts
gehört - den digitalen Bildwelten (vom digitalen Einzelbild bis
zum interaktiven multimedialen on- und offline Medium) wird eine Schlüsselrolle
in der Ausbildung einer universellen Medienkompetenz und in der Erforschung
innovativer Lehr-Lernformen und Lernmedien beigemessen.
Ein fächerübergreifende
Studienprojekt mit neuen Medien - eine Kooperation zwischen Hochschule
und Stadtverwaltung
Im SS 2001 und im WS 2001/2002 wurde in der Arbeitsstelle für Computergrafik
und Ästhetische Erziehung an der Hochschule für Bildende Künste,
unter der Leitung von Prof. Freiberg, begleitet von Karl-Heinz Eden
und Christine Linne als wissenschaftliche Mitarbeiter das fächerübergreifende
Studienprojekt "Vernetztes Gedächtnis - Topografie der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Braunschweig" durchgeführt. Studierende
der Kunstpädagogik erarbeiteten in Kooperation mit dem Kulturinstitut,
vertreten durch die Historikerin Stefanie Middendorf, den Prototyp eines
im Internet zugänglichen interaktiven Stadtplans, der im Anschluss
innerhalb eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts inhaltlich, didaktisch
und gestalterisch überarbeitet und evaluiert wurde.
Lernziele/Didaktisches
Konzept
Die beteiligten Studenten für das Lehramt Kunst sollten durch dieses
interdisziplinäre Projekt ein mediendidaktisches Modell zum kompetenten
Umgang mit den neuen digitalen Medien kennenlernen und erproben, um
es dann selbst - als Multiplikatoren - in den Schulen, in denen sie
später lehren werden, weitergeben zu können. Grundlegend für
das Konzept ist der projektbezogene Umgang mit der Informations- und
Kommunikations-Technik, die nicht für sich im Sinne eines Handling-Kurses,
sondern für einen sinnvollen Zweck an einem Thema aus der Umwelt
der Schüler im Sinne des forschenden Lernens angeeignet wird. In
den Aufgabenbereich der Lernenden fällt dabei die Konzeptionierung,
Gestaltung und inhaltliche Aufbereitung des Multimediaprodukts. Die
dazu erforderlichen technischen Qualifikationen werden begleitend erworben.
In diesem Ansatz wurde die Integration wissenschaftlicher und gestalterischer
Praxis im Sinne fächerverbindenden Arbeitens verfolgt: Die Studierenden
sollten in dem Projekt die Grundlagen der künstlerischen Gestaltung
mit den neuen Medien an einem Thema erlernen, das zur gesellschaftlichen
Verantwortung verpflichtet und zugleich durch die inhaltlichen Recherchen
vor Ort und durch die Navigation auf dem virtuellen Stadtplan wesentliche
Aspekte der Stadt und ihrer Geschichte im Kontext der Auseinandersetzung
mit dem Terror in der Zeit des Nationalsozialismus kennenlernen.
Dieses Projekt soll die Studierenden auch auf die
durch IuK-Techniken veränderten, komplexen Anforderungen des Lebens
vorbereiten. Ziel ist die Qualifizierung zu eigenständigem, selbstverantwortlichem,
kritischem Denken und Handeln. Wichtig ist, dass die Studierenden lernen,
sich die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten selbst anzueignen
- also lernen zu lernen - einer Anforderung, der wie die Ergebnisse
der jüngsten PISA-Studie zeigen an deutschen Schulen zukünftig
besondere Bedeutung beigemessen werden muss. Um diese Fertigkeiten zu
forcieren, wurde innerhalb des Studienprojekts eine Integration verschiedener
Lehr-Lernformen eingesetzt. Die Veranstaltung umfasste wöchentlich
zum einen eine Seminarsitzung, in der in erster Linie über die
Auseinandersetzung mit Medienkunst sowie Kunst und Künstlern zum
Thema Gedächtnis die Voraussetzung für einen gleichermaßen
kritischen wie kreativen Umgang im Bereich der Rezeption, Reflexion
und Produktion von Multimediaanwendungen geschaffen werden sollte. Zum
anderen fand, ebenfalls im wöchentlichen Turnus, eine handlungs-
und projektorientierte Medienpraxis in der Computerwerkstatt statt.
Hier wurden Grundlagen im Umgang mit Netzwerkumgebungen gelegt und Einführungen
in netzrelevanter Software gegeben. Gleichzeitig kamen die Studierenden
in Kleingruppen für die inhaltliche Recherche sowie die Konzeption
und Organisation ihrer Module zusammen.
Die pädagogischen Grundannahmen basieren dabei auf einer konstruktivistisch-orientierten
Lehr-Lernphilosophie, die mittels des pädagogischen Leitkonzept
des problemorientierten Lernens umgesetzt werden.
Kontakt für nähere Information: ch.linne@hbk-bs.de
Christine Linne, M.A.