Q: Martin Forstenzer. Aus: Bein, Zeitzeichen, S. 183.

Q: Martin Forstenzer. Aus: Bein, Zeitzeichen, S. 183.

Q: Martin Forstenzer. Aus: Bein, Zeitzeichen, S. 183.

 


Die Entstehung der Fotos

Martin Forstenzer in einem Brief vom 24.9.1999:

"Es waren damals für mich und meinen Bruder schwierige Zeiten, besonders in der Schule, wo wir oft abgesondert wurden wegen unserer Religion. Oft wurden wir auf dem Heimweg von Hitlerjugend beschimpft und sogar angegriffen, weil wir jüdisch waren. Im Jahr 1933, als ich 12 Jahre alt war, schenkte mir mein Vater eine kleine Kamera zum Geburtstag. Mein Vater besaß ein großes Warenhaus in der Schuhstraße. 1933 wurden Angriffe auf Geschäfte jüdischer Besitzer gemacht und an einem Tag schlugen die Nazis in unserem Geschäft sämtliche Schaufenster ein. Kühn wie ich war als Zwölfjähriger und trotz der Gefahr, verhaftet zu werden, nahm ich meine kleine Kamera und fotografierte die Fenster. Es ist erstaunlich, dass ich die Bilder noch heute nach 66 Jahren besitze.

Später war ich in Berlin in der Lehre. Am 9. November 1938 fuhr ich nach Hause, um meine Eltern zu besuchen. Um Mitternacht stürmte eine Gruppe von Gestapo und Nazis in unsere Wohnung und verhaftete alle männlichen Mitglieder der Familie. Wir wurden dann in das KZ Buchenwald transportiert. Später nach unserer Entlassung, erfuhr ich, dass in derselben Nacht noch andere in unsere Wohnung kamen, wo meine Mutter nun alleine war. Es wurden Möbel zerstört, mit Messern schnitt man in wertvolle Gemälde, mit einer Schreibmaschine schlug man in einen kostbaren Flügel hinein.
Das sind Eindrücke, die man nie vergessen kann. Das Erlebnis von unaussprechbaren Grausamkeiten im Konzentrationslager ist mir noch heute scharf im Bewusstsein."

Quelle:
Bein,
Reinhard: Zeitzeichen. Stadt und Land Braunschweig 1930-1945. Braunschweig 2000, S. 185.